Lipödem – mein Weg zur Diagnose
Ich war schon immer der Typ: Oberteile zwei Nummern kleiner als Hosen. Aber ich dachte, das ist halt so und ich bin einfach nur dick. Die Wenn ich im Nachhinein Bilder von früher vergleiche, sieht man den langsam wachsenden Prozess des Lipödems an meinen Beinen.
Im Herbst 2012 habe ich mein erstes Kind zur Welt gebracht. Ich nahme danach alle Kilos ganz schnell wieder ab, wunderte mich aber ein ¾ jahr später, dass meine Oberarme regelrecht explodierten. Ich passte in keine Jacke mehr. Meine Waden fingen an zu schmerzen. In engen Jeans fühlte ich mich eingeengt.
Nur Wassereinlagerungen? Bestimmt nicht.
Ich merkte, irgendwas stimmt nicht. Irgendwas stimmt nicht mit meinem Körper.
Nach etlichen Hausarztbesuchen mit den krassesten Antworten: „Stellen Sie sich mal nicht so, ein bisschen Wasser hat jeder“ oder „Sie suchen doch nur nach einer Antwort warum Sie dick sind“ machten es mir sehr schwer.
Mein Selbstwertgefühl sank immer mehr. Ich wusste nicht mehr weiter. Niemand hat mich verstanden. Niemand hat richtig zugehört. Bis ich 2016 einen Termin bei einem Phlebologen bekam. Alles irgendwie durch Zufall.
Ich schrieb mir einen Zettel mit all meinem Symptomen. Druck in den Beinen und Armen, Schwere, blaue Flecken, ständige Kälte wegen den Durchblutungsstörungen, Schmerzen schon bei Alltagsaufgaben wie Wäsche aufhängen, Gefühl als ob ich Blei in den Beinen habe.
Ich dacht ich werde wieder abgeschmettert. Aber nein. Er hörte zu, machte einen Ultraschall an meinen Beinen und sagte mir die Diagnose.
„Sie haben Lipödem. Das ist eine Fettverteilungsstörung, wo das krankhafte Fett unkontrolliert weiter wächst. Bitte machen Sie die 0-Diät und den Rest lesen Sie bitte im Internet.“
Ja da stand ich nun, draußen vor der Praxis. Verheult und wusste nicht was nun. Ich hatte endlich eine Erklärung. Ich habe mir das nicht eingebildet. Aber jetzt? Lipödem? Krankhaftes Fett?
Im Internet lies ich sehr viel darüber, suchte mir sofort Gruppen bei Facebook und las erst mal viel mit, bis ich irgendwann Fragen stellte.
-Kompression jeden Tag tragen? Mein Leben lang?
-Lymphdrainage? Mein Leben lang?
-Wird es schlimmer?
-Wie wirkt sich die Krankheit auf meinen Alltag aus?
-Hormonelle Veränderungen können es verschlimmern?
-Schwangerschaft, Stress, Wechseljahre?
-Wurde mir es vererebt? Kann ich es vererben?
Fragen über Fragen. Das Thema bestimmte nun meinen Tag. Jeden Tag.
Schwangerschaft nach der Diagnose
Und weißt du was noch passiert ist? Im gleichen Monat erfuhr ich, dass ich wieder schwanger bin. Ich konnte es nicht glauben. Und doch war ich nicht so voller Freude wie damals. Warum?
Ich erfuhr, dass Lipödem durch hormonelle Veränderungen im Körper ausgelöst werden kann. Das heißt, nach der ersten Geburt 2012 hat mein Körper ca. 9 Monate später mir die volle Packung gegeben. Alles verändete sich. Wenn man das Bild sieht, wie die Oberschenkel explodiert sind, dann hatte ich echt Angst vor das was noch was noch kommt.
Und nun? Was passiert nach der zweiten Geburt fragte ich mich? Und wenn es ein Mädchen wird, kann es das auch vereerbt bekommen? Also hoffe ich, dass es ein Junge wird?
Mein Kopf platzte.
Ich will mich operieren lassen!
Ich habe mich lange belesen und von den Liposuktionen bei Lipödem erfahren, dass man sich operieren lassen kann. Das krankhafte Fett saugt man ab und gibt den Armen und Beinen wieder Platz für das normale. Schafft Platz, der Druck wird gemindert. Es kann sein, dass man schmerzfrei wird. Dass man wieder „normal“ aussieht. Jaaaa.. denn irgendwann geht’s an die Psyche.
In den Monaten der Schwangerschaft machte ich mir einen Beratungstermin in einer Fachklinik für Liposuktionen. Und da entschied ich mich, es nach der Geburt durch führen zu lassen. Zwar nicht in der ersten Klinik. Jedoch entschied ich mich nach meinem zweiten Beratungstermin in der Lipoclinik Dr. Heck in Mülheim an der Ruhr. Diesen Termin bekam ich jedoch erst im Sommer 2017.
Die Schwangerschaft verlief dieses mal anders als die erste. In dieser merkte ich, dass meine Arme und Beine weiter explodierten. Die Schmerzen und wurden schlimmer. Die Ausmaße folgten nach der Geburt im Juni 2017. Ich merkte, dass ich es keine 5 Minuten schaffe, mein eigenes Baby zu halten. Das war einfach so schlimm. Ich war ein frischgebackene Mama und konnte nicht mal lange meine eigenens Baby halten.
Mit Mann & Baby zum Beratungstermin
Da der Termin für die Beratung fest stand und mich der Gedanke an ein kompressionsfreies und schmerzfreies Leben nicht los lies, packte ich meinen Mann und mein Baby ins Auto und wir machten uns auf die Reise nach Mülheim. 6 Stunden Fahrt. Frühs um vier los um 10 Uhr bei Dr. Witte in der Lipoclinik zu stehen. Was soll ich sagen? In den ersten Minuten stand für mich fest, dass er mein Arzt sein wird.
Gleich zum Anfang sagte er zu mir: „Ich werde ihnen alles erzählen und wenn Sie dann noch Fragen auf ihrem Zettel zu stehen haben dann legen Sie los.“ Er nahm mir meine Scham. Er gab mir zum ersten mal ein Gefühl, dass ich verstanden werde. Und er war mir symphatisch. Diesen Aspekt sollte man nicht vergessen. Für mich war das neben seinen Fachkenntnissen und Erfahrungen der Grund, warum ich mich gerne für jede Liposuktion 6 Stunden auf dem Weg machte.
Ich machte direkt nach der Beratung schon die Termine für Liposuktionen fest. Dann hieß es: jeden Tag Kompression tragen, damit mein Gewebe richtig vorbereitet und weich für die Ops ist. Regelmäßig zur Lymphdrainage. Schwimmen und auf meine Ernährung achten.